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Über die Schwierigkeit, Begeisterung für Prozesse zu schulen – Teil 2: Praxis

Lese­zeit: 5 Minu­ten
Über die Schwierigkeit, Begeisterung für Prozesse zu schulen – Teil 2: Praxis

In Teil 1 ging es um die Beson­der­hei­ten der Erwach­se­nen­bil­dung und um die Bedeu­tung affek­ti­ver Lern­zie­le. In die­sem Teil möch­te ich eini­ge kon­kre­te Tipps zur Gestal­tung und Prä­sen­ta­ti­on von Pro­zess­schu­lun­gen geben.

Tat­säch­lich resul­tiert die man­geln­de Begeis­te­rung für Pro­zess­schu­lun­gen nicht zwangs­läu­fig aus dem unge­lieb­ten Inhalt. Oft ist es eher eine Fra­ge der Form. Mög­li­cher­wei­se ist die Dar­bie­tungs­form nicht publi­kums­ge­recht oder die Inhal­te sind nicht für die Ziel­grup­pe auf­be­rei­tet. Für den Schu­lungs­teil­neh­mer ist mög­li­cher­wei­se kein direk­ter Bezug zur eige­nen Arbeits­leis­tung erkenn­bar und lei­der ist nicht jeder gute Qua­li­täts­ma­na­ger auch ein guter Trainer.

Hier hel­fen eini­ge Grund­re­geln des Präsentierens.

Folien sind keine Hand-Outs

Einer der ver­brei­tets­ten Feh­ler besteht dar­in, Foli­en mit Text zu über­frach­ten. Der Grund dafür ist oft ganz ein­fach. Man möch­te ja, dass die Teil­neh­mer spä­ter noch ein­mal alles nach­le­sen kön­nen. Die Foli­en sol­len also gleich­zei­tig als Hand-Out und mög­li­cher­wei­se sogar zum Selbst­stu­di­um die­nen. Es ist natür­lich nicht ver­bo­ten, Foli­en auch als Hand-Out ein­zu­set­zen. Schließ­lich hat der Ansatz den gro­ßen Vor­teil, dass man nicht bei­des pfle­gen muss. Aller­dings soll­te man sich dar­über im Kla­ren sein, dass die didak­ti­sche Wir­kung lei­det. Schon allein die Blei­wüs­te schreckt ab.

Hier hilft es oft schon, den Text ein wenig ein­zu­damp­fen. Es gibt kei­ne Regel, wonach auf Foli­en immer gan­ze Sät­ze ste­hen müs­sen. Häu­fig lässt sich mit Stich­wor­ten die glei­che Infor­ma­ti­on ver­mit­teln. Für die Voll­ver­si­on gibt es ja schließ­lich noch die Arbeits­an­wei­sung, deren Inhal­te in der Schu­lung vor­ge­stellt werden.

Die Form wahren

Die­ser Punkt bezieht sich nicht etwa auf das Ver­hal­ten des Vor­tra­gen­den, son­dern auf die Qua­li­tät der Foli­en. Die Bedeu­tung der­sel­ben wird häu­fig unter­schätzt. Tipp­feh­ler, unein­heit­lich For­ma­te, unle­ser­lich klei­ne oder von Gra­fi­ken halb ver­deck­te Tex­te schmä­lern die Akzep­tanz der Schu­lung als Gan­zes beträcht­lich. Wenn sich der Trai­ner mit dem The­ma schon kei­ne Mühe gibt, kann es ja so wich­tig nicht sein… Aber auch harm­los wir­ken­de Ani­ma­ti­ons­ef­fek­te kön­nen stö­rend wir­ken. Text, der von oben ein­ge­flo­gen kommt oder Foli­en­über­gän­ge, wel­che die vol­le Krea­ti­vi­tät der Power­Point-Pro­gram­mie­rer zur Schau stel­len, len­ken vom eigent­li­chen The­ma ab.

Mei­ne Tipps: Ach­ten Sie auf die Form, akzep­tie­ren Sie kei­ne Tex­te unter 16 pt und gehen Sie spar­sam mit Ani­ma­ti­ons­ef­fek­ten um.

Visualisieren

Wann immer es mög­lich ist, grei­fen Sie auf gra­fi­sche Dar­stel­lun­gen zurück! Abläu­fe las­sen sich als Flow­charts dar­stel­len. Items im ALM-Werk­zeug sind in der Regel an einem Icon erkenn­bar. Aktio­nen las­sen sich bild­lich dar­stel­len. Den­ken Sie sich eine Rei­he von Sym­bo­len aus und ver­wen­den Sie die­se durch­gän­gig in Ihren Schu­lun­gen. Auf mei­nen Foli­en steht das Zahn­rad immer für „auto­ma­ti­siert“ und die Waa­ge für „abwä­gen“. Ach­ten Sie auch dar­auf, dass der Zuhö­rer immer den roten Faden behält. Ich grei­fe ger­ne auf eine bild­li­che Agen­da in Form einer Land­kar­te oder eines Weges zurück.

Aller­dings ist es wich­tig, dass die Bil­der eine Bedeu­tung haben. Es geht nicht dar­um, den Hin­ter­grund der Foli­en hüb­scher zu gestal­ten, son­dern dar­um, die Zuhö­rer über ver­schie­de­ne Kanä­le anzusprechen.

Teilnehmer- statt Inhaltsorientierung

In der Päd­ago­gik spricht man davon, dass die Teil­neh­mer die Lern­si­tua­ti­on erzeu­gen soll­ten. Das bedeu­tet, dass Schu­lungs­in­hal­te nicht ein­fach nur tro­cken prä­sen­tiert wer­den, son­dern gemein­sam mit den Teil­neh­mern aus­ge­ar­bei­tet wer­den soll­ten. Zuge­ge­be­ner­ma­ßen ist dies bei Pro­zess­schu­lun­gen schwie­rig. Den­noch las­sen sich auch hier Dis­kus­sio­nen ein­bau­en. Ver­su­chen Sie auch ein­mal, zwi­schen Flip­chart und Foli­en zu alter­nie­ren. Las­sen Sie die Teil­neh­mer Kärt­chen schrei­ben und selbst an die Wand pin­nen. Es macht einen enor­men Unter­schied, ob man mit den Leu­ten arbei­tet oder ob man ihnen etwas „vor­kaut“. Schließ­lich wol­len wir ja Stu­fe 3 der affek­ti­ven Lern­ziel-Ska­la errei­chen. Die Mit­ar­bei­ter sol­len von dem über­zeugt sein, was sie tun. Und was ist über­zeu­gen­der als das, was man gera­de eben selbst gesagt hat?

Inhalte für die Zielgruppe aufbereiten

Eine der bes­ten Pro­zess­schu­lun­gen, die ich je gehört habe, begann damit, dass wir ein aus­ge­druck­tes Blatt vor­ge­legt beka­men. Auf die­sem Blatt stand eine tabel­la­ri­sche Zusam­men­fas­sung, wel­che Tei­le des Quali­täts­manage­ment-Hand­buchs für wel­che Rol­le wel­che Bedeu­tung hat. Es gab drei Stu­fen: „wis­sen, wo’s steht“, „ver­stan­den haben“ und „aus­wen­dig kön­nen“. (Hier fin­den wir die kogni­ti­ven Stu­fen aus Teil 1 wie­der.) Selbst­ver­ständ­lich müs­sen alle wis­sen, wo die gene­rel­len Regeln ste­hen, doch nur Ent­wick­ler und Test­au­to­ma­ti­sie­rer müs­sen den Teil über Code-Reviews aus­wen­dig können.

Die­se Matrix hat­te einen wun­der­ba­ren Effekt. Statt sich über den „unnüt­zen Kram“ auf­zu­re­gen, hat­ten alle Teil­neh­mer den Ein­druck, ernst genom­men zu wer­den. Hier hat­te sich offen­sicht­lich jemand dar­über Gedan­ken gemacht, wie unse­re wert­vol­le Zeit sinn­voll genutzt wer­den soll­te. Die Schu­lung bestand dann aus einer all­ge­mei­nen Über­sicht. Für die Spe­zi­al­the­men gab es eige­ne Ver­an­stal­tun­gen mit klei­ne­rem Teilnehmerkreis.

Das Bei­spiel spricht für sich. Je bes­ser die Inhal­te an die Ziel­grup­pe ange­passt sind, des­to grö­ßer wird die Akzep­tanz sein. „Alte Hasen“, die nur ein kur­zes Update bezüg­lich der Ände­run­gen im Pro­zess­ab­lauf benö­ti­gen, soll­ten nicht gemein­sam mit „Neu­lin­gen“ geschult wer­den, denen man alles im Detail erklä­ren muss. Natür­lich macht die ziel­grup­pen­ge­rech­te Auf­be­rei­tung der Schu­lung zusätz­lich Arbeit. Die­se zahlt sich jedoch aus!

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