Quality4Medtech – 5 Fragen an Florian Prester

Die Medizintechnik ist eines der spannendsten Themenfelder unserer Zeit. Die Digitalisierung hat den technischen Fortschritt, vor allem in den Bereichen AI und Deep Learning enorm beschleunigt. Die Software leistet hierbei ihren entscheidenden Beitrag. Am 7. Juli 2022 diskutieren wir mit führenden Experten aus Wissenschaft und Industrie über die Qualität von medizinischer Softwareentwicklung beim Expertentreffen Quality4Medtech.
Gastgeber Florian Prester, Geschäftsführer der sepp.med gmbh, gibt im Interview einen Ausblick, was uns in der Zukunft der Medizintechnik erwartet.
Warum nehmen Sie an der Veranstaltung teil? Was erwarten Sie sich?
Florian Prester: Ich nehme an dieser Veranstaltung teil, da ich diese organisiere und mich freue, so viele bekannte und neue Gesichter zu treffen und kennenzulernen. Ich freue mich, dass wir nach den Jahren der Pandemie und der digitalen Treffen endlich wieder persönlich miteinander sprechen, fachsimpeln und einfach Mensch sein können. Ich erwarte persönlichen Austausch und Anregungen für die Zukunft – und natürlich tolle Projektideen sowie neue Impulse und Ziele für Kooperationen.
Die Pandemie hat uns zwar gezeigt, dass Software über jeder Grenze hinweg entwickelt werden kann – die Zusammenarbeit ist theoretisch grenzenlos. Aber bringt man die richtigen Köpfe nicht nur digital zusammen, sondern auch real, kann es ein Feuerwerk werden. Die Leute vermissen das reale Zusammenarbeiten und Austauschen! Darum wollen wir hier eine Plattform zum Austauschen bieten.
Welche Innovationen erwarten Sie für die Zukunft der Medizintechnik?
Florian Prester: Ich erwarte in Zukunft noch stärkere Plattformen und Service-Architekturen – so wie unsere –, um Medical-Services und Apps (DIGAS) schneller und effizienter auf den Markt bringen zu können und somit digitale Innovationen zu fördern. Standards und Software-Baukästen erleichtern den Durchbruch von Innovationen am Markt.
Wie wird KI die Medizintechnik verändern?
Florian Prester: Die KI ist schon jetzt ein großer Innovationstreiber, wenngleich die Sicherstellung der angemessenen Qualität noch viele Fragen aufwirft – und Qualität ist nun mal eine Voraussetzung für ein Medizinprodukt. Die Vorteile der KI liegen auf der Hand: Komplexität wird aus den Daten erlernt und nicht von Hand programmiert – Erfahrung siegt über Wissen. Für den Test brauchen wir beides – Erfahrung und Wissen. Hier kommt auch die QS-Expertise ins Spiel.
Welche Rolle spielt Software in diesem Zusammenhang? Welche Bereiche der Software neben der KI sehen Sie als besonders wichtig für die Medizintechnik?
Florian Prester: Software erlaubt es uns, schneller und dynamischer auf Veränderungen zu reagieren. Systeme können jederzeit aktualisiert und verbessert werden, ohne teure Hardware austauschen zu müssen.
Besonders wichtig wird die Algorithmik, um die neuen Probleme fassen und lösen zu können, und das Deployment – CI/CD vor allem im Großen, um ohne großen Aufwand schnell und fehlerfrei neue Releases deployen zu können – im Kontext von Scrum und SAFe.
Wird die Qualitätssicherung ernst genug genommen? Hat die MDR ihren abschreckenden Ruf zu Recht oder könnte das alles auch „einfacher“ gemacht werden?
Florian Prester: Die Qualitätssicherung kann niemals ernst genug genommen werden. Wir reden in der Medizintechnik und im regulatorischen Bereich allgemein davon, dass Menschenleben geschützt und Risiken beherrscht werden müssen.
Dabei muss man am besten „alle“ Möglichkeiten der Störung durch „genügend“ Testen ausschließen. Da das aber nicht geht, muss man intelligent an die Sache herangehen:
- Die wichtigen – „gefährlichen“ – Stellen im System müssen ausführlicher getestet werden als andere. Modellbasiertes Testen kann hier helfen.
- CI/CD muss mittels Testautomatisierung abgesichert werden, um die Qualität über Releases aufrecht zu halten.
- Safety & Security muss mittels Code, Architecture & System Inspection verifiziert werden, sowohl funktional als auch unter Last und in Ausnahmesituationen
Und am Ende muss das ganze System noch validiert werden. In diesem Zusammenhang ist zu sagen, dass die MDR nur für diejenigen einen abschreckenden Ruf hat, die nicht in der Lage sind, die Qualität ihrer Systeme sicherzustellen.