Volkswagen hat uns als Zulieferer einen SQIL nahegelegt. Stehen wir jetzt unter Beobachtung?

Die kurze Antwort: Nein.
Die längere Antwort: Nur wenn sie wollen, denn seit geraumer Zeit macht sich bei Volkswagen im Umgang mit seinen Elektronikzulieferern der Begriff „SQIL“ breit. SQIL steht für Software Quality Improvement Leader. Diese Rolle soll Zulieferer dabei unterstützen, im Volkswagen Umfeld den Status eines A‑Klasse Lieferanten zu erlangen. Dies ist ein besonders zuverlässiger Lieferant, dem neue Aufträge für die Entwicklung der Steuergerätesoftware ohne Bedenken übertragen werden können. Diese Qualifizierung basiert darauf, dass der Zulieferer ein Assessment von Volkswagen nach Automotive SPICE auf dem Capability Level 2 besteht.
Voraussetzung ist also ein fehlgeschlagenes Automotive SPICE Assessment von Volkswagen, in dessen Ergebnis der Einsatz eines SQIL empfohlen wird. Der Einsatz eines SQILs ist freiwillig. Der Zulieferer kann Nachbesserungen am Entwicklungsprozess auf eigene Faust vornehmen und bei dem nächsten Assessment darauf hoffen, dass es erfolgreich sein wird.
Alternativ kann der Zulieferer auch einen SQIL zu Rate ziehen und so zielgerichtet auf das nächste Assessment mit der Gewissheit zusteuern, genau die Schwachpunkte im Entwicklungsprozess zu verbessern, welche die A‑Klasse Qualifikation verhindern.
Der SQIL schaut sich in diesem Fall die identifizierten Schwachstellen im Entwicklungsprozess an und lässt sich vom Entwicklungsleiter die zu treffenden Maßnahmen darlegen, mit denen diese Schwachstellen abgestellt werden sollen. Hier kann die Maßnahmenliste auf ihre mögliche Wirksamkeit hin vom SQIL analysiert werden. Der nächste Schritt ist eine Beratung des Entwicklungsleiters, wie er die Maßnahmen anpassen kann, um die Wirksamkeit zu erhöhen.
Bei Bedarf kann der Entwicklungsprozess auf noch nicht identifizierte Schwachstellen hin untersucht werden, damit diese nicht erst im nächsten Assessment erkannt werden.
Nachdem der Maßnahmenkatalog abgestimmt wurde, werden vom SQIL Metriken definiert und mit dem Entwicklungsleiter abgestimmt. Der Zweck dieser Metriken ist eine zielgerichtete Kontrolle der Wirksamkeit aller zu treffenden Maßnahmen. Ziel ist es, durch eine wöchentliche Auswertung den Fortschritt der Verbesserung zu messen und zu dokumentieren. Sollte sich nach der Umsetzung der abgestimmten Maßnahmen herausstellen, dass eine oder mehrere Maßnahmen nicht den gewünschten Effekt haben, kann man nachjustieren und unmittelbar die Auswirkung der Änderung beobachten.
Es gehört zu den Aufgaben des SQIL, den Fortschritt des Zulieferers an Volkswagen zu kommunizieren, um so gemeinsam einen geeigneten Zeitpunkt für das neue Automotive SPICE Assessment festzulegen, welches dann voraussichtlich erfolgreich für den Zulieferer verlaufen wird.
So gesehen, steht der Zulieferer unter Beobachtung. Aber diese Beobachtung ist selbst auferlegt und hat weniger den Zweck einer Überwachung als vielmehr den schnellstmöglichen Zeitpunkt sichtbar machen, an dem ein Zulieferer die A‑Klasse-Qualifikation erreichen kann.