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Wert aus Daten schöpfen – am Beispiel einer Strahlenklinik

Lese­zeit: 7 Minu­ten
Wert aus Daten schöpfen – am Beispiel einer Strahlenklinik

Die­ser Arti­kel erschien in der Fach­zeit­schrift MED engi­nee­ring 2/2023.

Daten an sich sind wert­los. Wert­schöp­fung ent­steht erst, wenn auf Basis der Daten Ent­schei­dun­gen gefällt wer­den – Was kos­tet es und was nutzt es? In Strah­lenkli­ni­ken, mit ihrem hohen Grad an IT-Unter­stüt­zung, kann auf vie­le Daten digi­tal zuge­grif­fen wer­den. Dies erleich­tert die voll­au­to­ma­ti­sche Beglei­tung zur Qua­li­täts­si­che­rung von kli­ni­schen Abläu­fen. So kön­nen bei uner­war­te­ten Abwei­chun­gen zeit­nah geeig­ne­te Kor­rek­tu­ren ein­ge­lei­tet, Res­sour­cen nach dem jewei­li­gen Bedarf bereit­ge­stellt und Pro­zes­se opti­miert wer­den. Die Daten blei­ben dabei immer unter der Kon­trol­le der Ver­ant­wort­li­chen der Kli­nik. Und neben­bei ent­steht eine voll­au­to­ma­ti­sche Doku­men­ta­ti­on zum Nachweis.

In der Abbil­dung wird ein typi­scher Ablauf einer Strah­len­the­ra­pie-Behand­lung dar­ge­stellt. Die Pati­en­ten wer­den zunächst mit­tels Com­pu­ter­to­mo­gra­phie und auch ande­ren Bild­ge­bungs­ver­fah­ren (Magnet­re­so­nanz­to­mo­gra­phie, Posi­tro­nen­emis­si­ons­to­mo­gra­phie) unter­sucht. Dies erfolgt, um eine mög­lichst genaue Aus­deh­nung des Ziel­vo­lu­mens – den Tumor – und der in der Umge­bung lie­gen­den Risi­ko­struk­tu­ren – Augen, Seh­nerv, Rücken­mark – zu bestim­men. Anhand die­ser Infor­ma­ti­on erfolgt in der Bestrah­lungs­pla­nung die Opti­mie­rung der Para­me­ter für den Line­ar­be­schleu­ni­ger, inklu­si­ve Berech­nung der zu erwar­ten­den Dosis­ver­tei­lung im Pati­en­ten. Der Tumor soll eine hohe Dosis, das umlie­gen­de Gewe­be und vor allem Risi­ko­struk­tu­ren eine mög­lichst gerin­ge Dosis erhalten.

Ablauf und beispielhafte Darstellung von Untersuchungsdaten in der Strahlenklinik. © Uniklinikum Erlangen

Ablauf und bei­spiel­haf­te Dar­stel­lung von Unter­su­chungs­da­ten in der Strah­lenkli­nik. © Uni­kli­ni­kum Erlangen

Jeder Bestrah­lungs­plan muss veri­fi­ziert wer­den. Dies erfolgt mit­tels Mess­phan­to­men oder durch eine zu der Bestrah­lungs­pla­nung unab­hän­gi­gen Soft­ware. Die Bestrah­lun­gen fin­den bei­spiels­wei­se in 30 Sit­zun­gen über sechs Wochen ver­teilt statt. Bei jeder Bestrah­lungs­sit­zung muss eine repro­du­zier­ba­re Lage­rung des Pati­en­ten gewähr­leis­tet sein. Mit­tels Bild­ge­bung am Beschleu­ni­ger wird dann die Posi­tio­nie­rung rela­tiv zum Behand­lungs­strahl abge­gli­chen. Erst dann erfolgt die Bestrah­lung, die nur weni­ge Minu­ten in Anspruch nimmt.

Heterogenes Medizingerätenetzwerk

Hohe Qua­li­täts­an­for­de­run­gen, Kos­ten­druck und kli­ni­sche Abläu­fe, die sich über eine Viel­zahl von Medi­zin­ge­rä­ten, ins­be­son­de­re Groß­ge­rä­ten wie Line­ar­be­schleu­ni­ger und Tomo­gra­phen, erstre­cken, erfor­dern einen leis­tungs­fä­hi­gen und rei­bungs­lo­sen Daten­aus­tausch. Die Hete­ro­ge­ni­tät auf­grund der unter­schied­li­chen Medi­zin­ge­rä­te­her­stel­ler für Diagnose‑, Pla­nungs- und Bestrah­lungs­sys­te­me wird ergänzt durch die im Ablauf not­wen­di­gen Sys­te­me für Qua­li­täts­kon­trol­le, Daten­hal­tung und Verwaltung.

  • Der Vor­teil:
    Auf­grund der Erfor­der­nis­se besteht ein hoher Grad an IT-Unter­stüt­zung und es liegt eine rie­si­ge Men­ge an Daten bereits in digi­ta­ler Form vor.
  • Der Nach­teil:
    Die Inte­gra­ti­on einer der­art gro­ßen Anzahl nicht auf­ein­an­der abge­stimm­ter Sys­te­me stellt eine Her­aus­for­de­rung mit immer neu­en Über­ra­schun­gen dar.

Im Rah­men des vom Bay­ri­schen Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um geför­der­ten Pro­jekts „Digi­Val­Med – Ent­wick­lung eines ‚Digi­ta­len Zwil­lings‘ im Kran­ken­haus-Netz­be­triebs­kon­text als online-Vali­die­rungs­la­bor für Medi­zin­ge­rä­te-Netz­wer­ke“ konn­te sepp.med mit sei­nem Pro­jekt­part­ner, der Strah­lenkli­nik im Uni­kli­ni­kum Erlan­gen, den Mehr­wert einer voll­au­to­ma­ti­sier­ten Qua­li­täts­si­che­rung demonstrieren.

Beson­de­res Augen­merk wur­de, unter ande­rem, auf die Über­prü­fung rele­van­ter Zusam­men­hän­ge kli­ni­scher Abläu­fe gelegt, wie fol­gen­des Bei­spiel zeigt: Bei einem Bestrah­lungs­plan müs­sen Risi­ko­struk­tu­ren seg­men­tiert und gekenn­zeich­net sein, so dass sie bei der Bestrah­lung mög­lichst kei­ner Dosis aus­ge­setzt wer­den. Unter ande­rem wären das im Kopf die Augen, im Brust­be­reich das Rücken­mark. Sobald ein Assis­tenz­arzt die Risi­ko­struk­tu­ren im Bestrah­lungs­plan seg­men­tiert hat, schickt er den Plan an einen Ober­arzt zur Frei­ga­be. Bevor der Bestrah­lungs­plan beim Ober­arzt ankommt, kann ein Qua­li­täts­si­che­rungs­ser­ver die­se Daten auto­ma­tisch auf Ein­hal­tung der aktu­ell hin­ter­leg­ten Richt­li­ni­en prü­fen. Fehlt eine erwar­te­te Risi­ko­struk­tur, so wird der Bear­bei­ter infor­miert und kann reagie­ren. Die Wert­schöp­fung ent­steht dadurch, dass der Ober­arzt die Zeit für die Durch­sicht von Bestrah­lungs­plä­nen mit feh­len­den Risi­ko­struk­tu­ren einspart.

Weitere Beispiele sind:

  • Ter­mi­nie­rung:
    In bestimm­ten Fäl­len muss vor der Bestrah­lung des Pati­en­ten eine Magnet­re­so­nanz­to­mo­gra­phie (MRT) durch­ge­führt wer­den. Manch­mal ver­schiebt sich der Ter­min dazu hin­ter den Bestrah­lungs­ter­min. Fehlt das MRT, muss die Bestrah­lung ver­scho­ben wer­den. Für den Pati­en­ten kann dies einen Ver­lust von Zeit und Lebens­qua­li­tät bedeu­ten, für die Kli­nik sinkt die
    Aus­las­tung des Bestrahlungssystems.
  • Aus­las­tung:
    Nach Auf­nah­me eines Pati­en­ten wird ein The­ra­pie­plan erstellt, in dem die Form der The­ra­pie und die vor­aus­sicht­li­che Anzahl der Sit­zun­gen fest­ge­legt wird. Auf Basis der aktu­el­len Stän­de der The­ra­pie­plä­ne kann eine Vor­her­sa­ge zu mög­li­chen Über­las­tun­gen ein­zel­ner Abtei­lun­gen mit ihren Medi­zin­ge­rä­ten erfol­gen. Auf Basis die­ser Daten ist eine vor­aus­schau­en­de Pla­nung im Sin­ne einer Last­ver­tei­lung, als auch von Inves­ti­tio­nen möglich.
  • Doku­men­ta­ti­on:
    Alle rele­van­ten Über­gän­ge im kli­ni­schen Ablauf, die auf Basis von Daten im Medi­zin­ge­rä­te­netz­werk iden­ti­fi­ziert wer­den, kön­nen voll­au­to­ma­tisch gespei­chert und als Doku­men­ta­ti­on abge­ru­fen wer­den. Dies führt zu einer Ent­las­tung des gesam­ten Per­so­nals. Der Nach­weis kann dabei auch rechts­si­cher gestal­tet werden.

Ausblick

Um Mehr­wert aus Daten zu gewin­nen, kann man sich all­ge­mein fol­gen­de Fra­gen stellen:

  • Wo habe ich Schmerzen?
    Meist geht es um Kos­ten, Zeit, Fähig­kei­ten und die damit ver­bun­de­ne Qualität.
  • Was müss­te ich wis­sen, um
    • zeit­nah reagie­ren zu kön­nen? Dies redu­ziert Kos­ten und/oder Zeit.
    • etwas ver­mei­den zu kön­nen? Dies spart Geld und/oder Zeit.
    • etwas zu ver­bes­sern? Dadurch gewinnt man Geld und/oder Zeit und/oder Qualität.

Und falls die not­wen­di­gen Daten noch nicht digi­tal vor­lie­gen, stellt sich die bekann­te Fra­ge: Was kos­tet die Digi­ta­li­sie­rung und was nutzt sie?

Bei den hier dar­ge­stell­ten Ergeb­nis­sen habe ich einen essen­zi­el­len Aspekt unter­schla­gen, des­sen Dis­kus­si­on hier den Rah­men sprengt: Daten­si­cher­heit und der Schutz per­sön­li­cher Daten, ins­be­son­de­re von Gesund­heits­da­ten. Nur so viel dazu: auf­grund unse­rer lang­jäh­ri­gen Erfah­rung in der Ent­wick­lung und Qua­li­täts­si­che­rung medi­zi­ni­scher Soft­ware und deren Zulas­sung, waren wir im Rah­men des För­der­pro­jekts Digi­Val­Med in der Lage, Soft­ware zu ent­wi­ckeln, ohne Zugriff auf die Daten zu haben. In enger Abstim­mung mit dem Daten­schutz­be­auf­trag­ten blie­ben die Daten stets unter der voll­stän­di­gen Kon­trol­le der Strahlenklinik.

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